born in 1958

In General
By concentrating on a few images, Luc Tuymans, a Belgian painter, creates spaces of both emptiness and density. The work he has selected to put on show in the MMK was only possible, because, despite having produced only a limited number of paintings, he has over the years kept individual items for himself. The MMK room to a certain extent comprises a condensed version of the presentation of his work at documenta IX in Kassel in 1992. The pictures on show there in the Aue Pavilion were displayed in a similar constellation, i. e. in the framework of a small work group.

Initially, you probably feel a certain intuitive unease or uncertainty when looking at them. Painted in different ways, they have a fissured or sparing feel to them. Moreover, the choice of pictures seems heterogeneous at first glance. The impression is of mental images that are bereft of any explanatory details. Seemingly, as you move from picture to picture you lose the ability to recognize anything. The paintings have something imprecise, something imperfect about them. Luc Tuymans puts it as follows: „The picture is a negation of the picture. The message is tantamount to a loss." In some cases, the paintings contain as many as ten layers of paintings from previous years. The canvasses and irregular stretchers have aged and thus have a history of their own. Solely the dull, somewhat darker hues imbue the whole room with something like a faded underlying tone. The pictures gleam opaquely, says Tuymans. These pictures are unspectacular in appearance, but they deceive, offering a form of filtered objective painting. The corporeal absence of humans creates an oppressive ambiance. You feel that you are exposed to a process of disappointment.

„Cif is derived from advertising. What interested me about advertising was that it does not create images, but rather the negation of images. I omitted to name the product. So an emptiness arose that I recognize from advertising. The product has no real significance, but is made to signify ... a shift that has no movement. By alienating the different color tones used, you get a sense of correctness, the impression of a reality that has taken on such material form that you are no longer allowed to touch it. And the rapidity with which the material changes makes it uncertain what is material, what could be material, and what it could serve as." Tuymans alludes here to the fact that he abstracts away from the product logo by darkening the complementary colors and reducing the details. The gray forms the space behind and around the logo. Here, too, the color has been removed. The balance of the oval, double beak-shape is seemingly disturbed by the red strip. Luc Tuymans himself talks of a „disoriented“ picture. The picture brings the abstract works by the Russian constructivists to mind. It, again, has a patina, appearing older than it actually is. The original cleaning substance on which it is based also produces a sharp pungent smell that sears into our memory cells. In the process of cleaning, traces are removed, the dirt is destroyed. The painting, by contrast, looks unclean. Luc Tuymans speaks of strategies of destruction, of self-destruction and the laws of hygiene. Here, the emblem / the advertising stands for ideological uniformity and institutionalization. Consumer behavior is nurtured, the logo itself representing an intact world, an idyll.

German text by Mario Kramer / Translation by Jeremy Gaines
(Extract - Full printed version available in the Museum)
MMK - Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main



Allgemeines
Durch die Konzentration auf wenige Bilder schafft der belgische Maler Luc Tuymans Räume von Leere und Dichte zugleich. Seine für das Museum für Moderne Kunst getroffene Auswahl von Werken war nur möglich, weil er über Jahre Einzelwerke seines alles in allem schmalen Oeuvres zurückbehielt. Der nun für Frankfurt entstandene Raum stellt in gewisser Weise ein Kondensat seiner Präsentation auf der documenta IX von 1992 in Kassel dar. Die Bilder waren dort im Aue-Pavillon in ähnlicher Konstellation, ebenfalls im Rahmen einer kleinen Werkgruppe, zu sehen.

Der Betrachter spürt vielleicht zunächst intuitiv ein Unbehagen, eine Verunsicherung. Die Bilder wirken brüchig, ja spärlich in ihrer uneinheitlichen Malweise. Die Bildauswahl wirkt zunächst heterogen. Man hat den Eindruck von mentalen Bildern, die jedes erklärende Detail vermissen lassen. Scheinbar verliert der Betrachter Erkenntnisfähigkeit von Bild zu Bild. Etwas Ungenaues, Unvollkommenes haftet den Bildern an. Luc Tuymans formuliert es so: „Das Bild ist die Negation des Bildes. Die Aussage ist wie ein Verlust.“ Unter einigen Bildern gibt es zehn Schichten anderer Malereien aus vorherigen Jahren. Die Leinwände und unregelmäßigen Keilrahmen haben in ihrem Alterungsprozeß bereits eine eigene Geschichte. Lediglich die stumpfe, eher dunkle Farbigkeit gibt dem gesamten Raum einen wie ausgeblichenen Grundton. Die Bilder leuchten trübe, sagt Tuymans. Es sind äußerlich unspektakuläre, wenn gleich trügerische Bilder, die eine Art gefilterte gegenständliche Malerei zeigen. Die körperliche Abwesenheit des Menschen läßt jedoch eine Beklemmung spüren. Der Betrachter sieht sich einem Enttäuschungsprozeß ausgesetzt.

Cif
„Cif leitet sich von der Werbung her. An der Werbung hat mich interessiert, daß sie keine Bilder macht, sondern Negationen der Bilder. Die Nennung des Produktes habe ich ausgelassen. So entstand eine Leere, die ich in der Werbung erkenne. Das Produkt hat keine wirkliche Bedeutung, sondern wird nur bedeutend gemacht ... eine Bewegung, die keine Bewegung ist. Mit der Verfremdung der verschiedenen Farbtöne bekommt man ein Gefühl der Richtigkeit, den Eindruck einer Wirklichkeit, die so materiell geworden ist, daß man sie nicht mehr anfassen darf. Auch die Schnelligkeit, mit der die Materie sich verwandelt, macht es unsicher, was Material ist, was Material sein könnte, wozu es dienen könnte.“
Luc Tuymans abstrahiert das vorgefundene Signet des Produktes durch die Verdüsterung der komplementären Farbigkeit und durch die Reduktion der Details. Das Grau bildet dabei den Raum hinter und um das Signet. Auch die Farbe ist verlorengegangen. Die ovale, doppelte Schnabelform wird durch den roten Balken scheinbar aus dem Gleichgewicht gebracht. Luc Tuymans selbst spricht von einem „desorientierten“ Bild. Das Bild läßt an abstrakte Werke des Russischen Konstruktivismus denken. Es hat wiederum eine Patina, es erscheint älter als es ist. Das ursprüngliche Reinigungsmittel, das hier als Vorlage diente, hat auch mit einem scharfen, stechenden Geruch zu tun, er ist Teil der Erinnerung. Beim Reinigungsprozeß werden Spuren verwischt, der Dreck wird vernichtet. Das Bild dagegen sieht unsauber aus. Luc Tuymans spricht von Vernichtungsstrategien, von Selbstvernichtung und von Hygienegesetzen. Das Emblem / die Werbung steht für ideologische Uniformiertheit und Institutionalisierung. Das Konsumverhalten wurde kultiviert, das Signet steht eigentlich für eine heile Welt, eine Idylle.

Text von Mario Kramer
(Auszug - Der vollständige Text ist als Informationsblatt beim Museum erhältlich)
MMK - Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main

Ulrich Loock (editor), Luc Tuymans, Kunsthalle Bern, 1992