About the work
Die vier Elemente - Malerei und Skulptur
In einem spannenden, elementaren Prozeß, der sich an den Werken verfolgen läßt, entstanden in den letzten 2 Jahren Malereien und Skulpturen, die Maren Flößer hier vorstellt. Unter den Bildern finden sich Diptychen und Triptychen oder auch solche, die eine Serie bilden.
Die zumeist großen, hochformatigen Malereien ziehen mit ihrer intensiven, farbigen Leuchtkraft den Blick auf sich. Dabei prägen in der Regel zwei bis drei Farben ein Bild.
Ordnet man die zumeist unrein wirkenden Farben den Bereichen der Primärfarben Gelb, Blau und Rot zu, so ergibt sich, daß diese niemals zu dritt in einem Bild vertreten sind. Auch die Töne Gelb und Rot finden sich nur selten gleichzeitig, während Gelb und Blau und das aus ihrer Mischung sich ergebende Grün häufig vorkommen. Intensives Rot wird nur selten verwendet: Entweder beherrscht es dann ein Bild deutlich oder es dient nur als punktuell eingesetzte Kontrastfarbe.
Alle Farben wurden von Maren Flößer auf eine Masse aufgetragen, die sie aus Sägemehl, Sand und weißer Acrylfarbe mischte und mit den Händen auf die grundierte Leinwand auftrug.
Die Farbpigmente scheinen der Trägermasse nur locker aufzuliegen und decken das Weiß nicht vollständig ab. Vielmehr dämpft es die Farben, scheint durch sie hindurch oder bleibt zuweilen unbedeckt. Auch die kreisenden Bearbeitungsspuren der Künstlerin, die in der weißen Masse zu reliefartigen Strukturen erstarrt sind, treten unter den Farbschichten hervor und werden in ihrem Verlauf durch die Ausprägung des Farbauftrags nachhaltig betont. Zu der strukturbedingten unterschiedlichen Intensität der Farben tritt hinzu, daß Maren Flößer zum Teil großflächige, zentrierte Farbflecken schuf, die sich nicht blockartig gegenüber stehen, sondern die an ihren Rändern zerfransen, in benachbarte farbige oder weiße Bereiche verblassend ausgreifen und sich dort schließlich, getrennt von ihrem energetischen Ursprung , auflösen.
In den Farbflecken scheinen dabei konkurrierende Kräfte wirksam zu sein, die sich in relativ hellen oder dunklen Farbbereichen konkretisieren und aufeinander zurückweichend oder verdrängend reagieren. Diesen Eindruck stützt nicht zuletzt die Komposition der Farben im Bild: Komplementärfarben, wie Grün und Rot oder Blau und Orangerot, schaffen Bildzentren, die korrespondieren - aus der größtmöglichen Distanz heraus. Schwarze Flecken, die die Bildoberfläche teilweise mit einer opaken Kruste überziehen, kontrastieren dazu, sind jedoch dem Spiel der Kräfte ebenso eingebunden.
Die weich fließenden, eher behäbigen Bewegungsabläufe, die durch die Oberflächenstrukturen und die Farben verbildlicht werden, konterkariert Maren Flößer in den früher entstandenen Bildern durch Kratzungen. Dabei fährt sie mit der Pinselrückseite rasch und impulsiv über die noch frischen Schichten von Trägermasse und Farbe und reißt sie in einem wellenförmigen Duktus derart auf, daß ein tieferliegender, weißer Bildauftrag freigelegt wird. Die so entstehenden Verletzungen der Bildoberfläche werden zuweilen erneut koloriert, bleiben jedoch immer als solche kenntlich. In der Komposition irritieren sie den trägen Fluß der Farben und Materialmassen, schaffen neue Gewichtungen und bringen ein nervöses, dynamisierendes Element in die Bilder.
Diese linearen "Signaturen", wie die Künstlerin ihre Kratzungen auch bezeichnet, sind den Bildern eindeutig eingeschrieben, die Begrenzung der anderen Bewegungsabläufe durch die Bildränder wirkt hingegen trügerisch. Auf den Bildformaten scheint vielmehr ein willkürlicher Ausschnitt eines Geschehens geboten zu werden, daß sich außerhalb des Bildes imaginär vollzieht. Ist ein Bild Teil eines Diptychons oder Triptychons, greifen die zunächst bildimmanent wirkenden Vorgänge teilweise auf die benachbarten Tafeln über. Doch kann hier auch eine asynchrone Betrachtungsweise ansetzen: Sind die Einzeltafeln Photographien vergleichbar, die Ablauf und Zusammenhang eines Geschehens nicht zu bannen vermögen, sondern es allein in einem bestimmten Moment ausschnitthaft fixieren, so entsprechen einige Mehrtafelbilder Photographien, die einen identischen Ausschnitt, jedoch zeitlich versetzt, sichern. Auch das dominierende Hochformat der Bilder bietet keinen Raum für eine breit dargebotene, abgeschlossene Erzählung, sondern fordert die Beschränkung auf "Momentaufnahmen". Dem Betrachter obliegt es, die Zeitvakua zufüllen.
In ihren Skulpturen konzentriert sich Maren Flößer dagegen ganz auf räumlich begrenzte Formen. Sie bearbeitet dabei nur die natürlichen Materialien Holz und Schiefer, die sie schließlich auf ein Stück Eisen montiert. Ausgangspunkt ihres dreidimensionalen Schaffens ist für die Künstlerin altes Holz, das sich bereits an einigen Stellen aufzulösen beginnt. In einem ersten Schritt entfernt sie nun mit Motorsäge und Beil die sich zersetzenden Bereiche und entwickelt hierbei ihre Vorstellung von der skulpturalen Form. Nach einer weiteren Bearbeitung werden die zumeist länglich schmalen Skulpturen, die menschlichen Umrissen ähneln können, mit Schwarz und Weiß übermalt. Manchmal schließlich ergänzt die Künstlerin graufarbige Stücke von Schieferplatten, indem diese in tiefe Spalten und Kerben des Holzes eingeklemmt werden.
Die Holzoberflächen der Skulpturen sind geprägt von den Spuren ihrer Bearbeitung. Die Einschnitte und Kerben werden durch das aufgetragene Weiß oder Schwarz nicht verdeckt, sondern werfen je nach Art des Lichteinfalls Schatten - ganz deutlich zeigen sich Parallelen zu den Materialbildern der Künstlerin, in denen die Stukturen der ursprünglich weißen Trägermasse durch den Farbauftrag betont werden. Den farblichen Hell-Dunkel-Differenzen mit der Ausbildung von Zentren dort entsprechen die Valeurs auf den Skulpturen, deren Schwarz und Weiß durch das dazwischen eingefügte Schiefergrau gemildert wird. Schließlich sind auch die Einschnitte in das Holz intentional jenen Kratzungen vergleichbar, die die Bildoberfläche aufbrechen.
Allen Werken gemeinsam ist demnach der Wunsch der Künstierin, den Schaffensprozeß nicht zu verdecken, ihn vielmehr zu thematisieren. Dabei greift sie zu Farben (ergänzt durch Weiß sowie schwarz wirkende Lasuren), an denen sie zusätzlich vor allem ihre relative Helligkeit, ihre Kontrastwirkungen zu interessieren scheint.
Zu keinem ihrer Werke fertigte Maren Flößer Entwürfe oder Zeichnungen an. Vielmehr ließ sie sich durch die natürlichen Materialien, die sie verarbeitete, inspirieren und entwickelte erst im Schaffensprozeß Farb- und Formvorstellungen zu eigenständigen Werken. Diese jedoch deutet die Künstlerin fast durchgängig als Verbildlichungen der vier Elemente, Feuer, Wasser, Erde und Luft. Aus diesem Grunde ordnet sie eine Serie von vier Bildern zu einem "Jahreszeitenzyklus" und betitelt auch die anderen Werke nach Naturphänomenen, versteht die Titel jedoch gleichzeitig nur als eine interpretative Herangehensweise an ihre Werke unter vielen.
Bernd Apke