About the work (deutsch)

Konzentration und Weite

Nach mehreren Ausstellungsbeteiligungen in der Galerie Netuschil, D-64283 Darmstadt, zeigt die koreanische Malerin Heryun Kim nun erstmals ihre Arbeiten in einer Einzelausstellung in Darmstadt. Zur Eröffnung der Ausstellung am 8. Oktober 2000 um 11 Uhr, spricht Birgit Schienemeyer, Frankfurt/Main.

Heryun Kims Malerei ist von einer kräftigen Farbgebung und einem expressiven, zuweilen linearen Duktus bestimmt. Durch den strukturhaften Farbauftrag erreicht sie eine sinnlich und haptisch erfahrbare Oberfläche. Vom Genre des Stillebens abstrahierend, arrangiert die Malerin ein oder teilweise auch mehrere Objekte in einem sehr offen gestalteten Raum, der nur selten durch perspektivische Linien begrenzt wird. Häufig sind Gefäße als Hauptmotiv gewählt. Diese auf ihre Grundform reduzierten Gegenstände, sind von beeindruckender Präsenz im Bild und werden zumeist von einer expressiv dunklen Kontur umgeben.
Die beiden Begriffe "Konzentration und Weite" bilden in Form einer Überschrift eine erste Annäherung an die Malerei Heryun Kims. Doch genügen sie nicht, um die eigenwillige Balance zwischen der Offenheit des gestalteten Bildraums und der gleichzeitigen Focusierung auf den Bildgegenstand in den Arbeiten der Malerin zu beschreiben.
Die freie, bzw. ungegenständliche Bildfläche, in die das Objekt eingebettet ist, läßt einen weiten Raum entstehen. Eine gestaltete Leere, die im Zusammenspiel mit dem linear abgegrenzten Objekt jene eigentümlich konstante Harmonie begründet, die Heryun Kims Arbeiten charakterisieren.
Es ist gerade die wohltuende Reduktion und Konzentration auf die ästhetisch erfahrbare Form im Raum, die die Begegnung mit der Bildsprache der Malerin in Zeiten permanenter Bildüberflutung und Perfektionierung des Abbildbaren ermöglicht und uns dabei auf die wesentliche Auseinandersetzung, die Interaktion zwischen Betrachter und Dargestelltem zurückführt.
Die "Verhaftung am Gegenständlichen" wird in der offenen Leere" - im Sinne einer Bewahrung - aufgehoben und auf ihre Grundform bezogen. Bei der Betrachtung von Heryun Kims Malerei ergeben sich, neben ihrer meditativen Wirkung, Assoziationen zu westlicher und östlicher Philosophie. Dabei stellt sich u.a. die Frage, ob hier nicht eine kommunikative Grenzaufhebung zwischen westlichem und östlichem Denken geschaffen wurde, indem aus dem Nebeneinander von Weite, im Sinne von Auflösung, und Konzentration, im Sinne von Auseinandersetzung mit Form, ein harmonisches Miteinander entstanden ist, das eine eigene ästhetische Qualität erzeugt.

Heryun Kim wurde 1964 in Südkorea geboren, sie studierte an der National University in Seoul Germanistik, Malerei und Kunsttheorie. 1991 kam sie nach Berlin und studierte dort an der Hochschule der Künste freie Malerei als Meisterschülerin von Professor Klaus Fußmann. Im Anschluß hieran promovierte Heryun Kim 1998 an der Technischen Universität Berlin in Kunstgeschichte über den Maler Emil Nolde. Seit 1994 ist sie in Berlin als freischaffende Malerin tätig.