1965 in Halle (NRW) geboren
1987 - 88 Studium Kunstakademie Münster bei Peter Mönnig
1988 - 95 Studium Kunstakademie Münster bei Reiner Ruthenbeck
lebt und arbeitet in Dortmund

Denkanstöße - zu einigen Arbeiten Mark Stoltes

Die Arbeiten von Mark Stolte schaffen um sich eine Atmosphäre der Stille und Nachdenklichkeit. Auf den ersten Blick wirken sie - nicht zuletzt wegen ihrer technisch-präzisen Ausführung - oftmals wie sachlich-nüchtern gestaltete Möbelstücke, die sich erst bei genauerem Hinsehen als auf subtile Weise manipuliert zu erkennen geben. Die großen, rechteckigen Oberflächen der Bett- und Tischskulpturen - letztere meist auf relativ zierlichen Stahlgestellen präsentiert - bergen das Geheimnis der Manipulationen, denen Mark Stolte die Gegenstände unterwirft. Mit zum Teil kleinen, fast immer mit Unterstützung technischer Hilfsmittel erzielten Veränderungen erfahren die Arbeiten eine tiefgreifend andere Wirkung. Hierzu nutzt der Künstler in vielen Fällen Wasser als Material und zwar im flüssigen Aggregatzustand, in dem es sich mittels seiner Amorphie quasi der haptischen Wahrnehmung entzieht. Die an sich banalen Gegenstände konfrontieren den Betrachter in ihrer Manipulation mit nicht präzise benennbaren, aber nichtsdestoweniger spür- und assoziierbaren Bedeutungen, die für jeden einzelnen in Art und Intensität verschieden sein können.

"Tribunal ", das jüngste der ausgestellten Objekte, entstand 1995. Auf einer großen, mit schwarzem Stoff bespannten Tischfläche liegen verstreut drei Füllfederhalter. Die Arbeit strahlt in ihrer geometrischen Gestaltung und einheitlichen Farbe eine kühle Strenge aus, die den Betrachter - auch ohne Kenntnis des Titels - die Atmosphäre (juristischer) Autorität und vielleicht sogar eines ungewissen Ausgeliefertseins assoziieren läßt. Unterstützt wird dieser Eindruck durch das scheinbar willkürliche Verspritzen von Tinte, denn bei Annäherung des Betrachters an den Tisch bilden sich, durch einen im Objekt verborgenen elektrischen Mechanismus an die Oberfläche gepumpt, auf dem schwarzen Tischtuch Wasserflecken, die an dieser Stelle aber als Tintenflecke identifiziert werden, da sie sich direkt an den Federspitzen der Schreibgeräte befinden. - Ein nicht sichtbarer, anonymer Machtapparat scheint sich bei Annäherung in Betrieb zu setzen und drängt den vor dem (Richter-) Tisch stehenden Betrachter in die Rolle des Angeklagten, Schuldigen, Verurteilten.

Die Arbeit "Punktuell" aus dem Jahre 1994 arbeitet mit vergleichbaren Mitteln. Auf der mit einem schwarzen Tuch bespannten Liegefläche eines niedrigen Bettes tritt bei Annäherung des Betrachters die Kontur eines menschlichen Körpers hervor. Auch hier wird Wasser aus einem unter der Bettfläche installierten Leitungssystem in das Tuch gespritzt, welches auf diese Weise an den entsprechenden Stellen langsam durchtränkt wird und den Körperumriß sichtbar werden läßt. Durch das sich anschließende allmähliche Versickern des Wassers wird die so gegebene Kontur immer schwächer, bis sie sich schließlich ganz verflüchtigt hat. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Annäherung eines Betrachters. An diesen Wechsel von Werden und Vergehen können sich die unterschiedlichsten Betrachterassoziationen anschließen, die Mark Stolte nicht näher präzisiert wissen will.

"Schreibtisch" ist die dritte hier vorgestellte Arbeit. Sie entstand 1994 für eine Ausstellung im Kreuzgang des Klosters Corvey und nimmt in ihrer Thematik und ihren Gestaltungsmitteln direkt Bezug auf den Ort ihrer ersten Ausstellung, in dessen unmittelbarer Nähe die große Klosterbibliothek lag. Die Tischplatte ersetzte Mark Stolte in dieser Arbeit durch ein flaches, durchsichtiges Plexiglasbecken, das mit Wasser gefüllt ist. Etwa 1000 identische Bleistifte - jedoch unterschiedlicher Länge - schwimmen auf der Wasseroberfläche. Ihre Konstellation verändert sich durch äußere Einwirkung langsam aber stetig. Bezieht sich Mark Stolte mit dieser Arbeit einerseits auf den ersten Aufstellungsort, so spielt er andererseits auch auf die Gegenwart an, wo der Bleistift gegen den Schreibcomputer kaum mehr eine Chance hat, aber immer noch das Potential des noch nicht Geschriebenen in sich birgt. Der Titel "Schreibtisch" kann darüber hinaus auch ironisch verstanden werden, entzieht sich dieser Tisch durch die Art seiner Gestaltung doch der durch die Bezeichnung vorgegebenen praktischen Nutzung. Wie die zuvor genannten Arbeiten vermag auch der Schreibtisch im Betrachter, der sich den Arbeiten Mark Stoltes gegenüber offen und sensibel verhält, jeweils unterschiedliche Assoziationen hervorrufen, die an seine jeweiligen Vorerfahrungen anknüpfen. Immer wieder findet der Betrachter in den Arbeiten Mark Stoltes Rückverweise auf sich selbst und auf Anlässe, sich mit einer in seinem alltäglichen Leben nahezu ausgeschlossenen Gedankenwelt auseinanderzusetzen. Einen wesentlichen Aspekt der Objekte bildet die vom Künstler nicht exakt vorhersehbare Reaktion des Betrachters. Dies stellte Mark Stolte 1992 deutlich heraus, als er sich zur Bedeutung seiner Objekte folgendermaßen äußerte: "Für mich sind Skulpturen Lernfelder bzw. Objekte, die nicht dazu da sind, erklärt und begründet zu werden, sondern neue unbekannte Zustände zu erzeugen, die Punkte berühren, die häufig nicht rational erfaßbar sind und doch zum menschlichen Wesen gehören."

Text von Karl-Heinz Brosthaus

1993 "Klatschen", Wewerka-Pavillon, Münster
1994 Galerie Friebe, Lüdenscheid
1997 Galerie Friebe, Lüdenscheid

1988 "Köln Kunst"
1991 Skulpturenboulevard "Skulptur für Lünen" (Katalog)
1991 "Forum Junger Kunst", Kiel, Wolfsburg, Bochum (Katalog)
1991 "Das Glück der Erde", Atelierausstellung
1992 "Kunststudenten stellen aus", Bonn, Leipzig, Jena, Regensburg, Köln (Katalog)
1993 Bildhauersymposium Holzminden (Katalog)
1993 "12 x Akademie", Städtische Ausstellungshalle Münster (Katalog)
1993 "einmal ist keinmal", Ausstellungshalle Kunstakademie Münster
1994 "Vier Schlösser", Kloster Corvey, Höxter (Katalog)
1995 "Wachstumsfaktor 7", Künstlerhaus Dortmund
1995 "Himmelfahrt", Artoll, Bedburg-Hau
1995 "Röntgen", Remscheid
1995 "Kunstpreis Junger Westen", Kunsthalle Recklinghausen
1996 Kunstpreis "Studiogalerie" des Landschaftsverbandes Ostwestfalen-Lippe:
Museum Herne
Museum Abtei Liesborn
Museum Glaskasten Marl
1996 Ausstellung der Atelierstipendiaten der Stadt Münster, Städt. Ausstellungshalle Münster
1997 "Isis", Iowa / USA
1997 Kunstverein Gelsenkirchen
1997 Rhenania-Ausstellungsraum Köln
1997 "Stad(t)tart - Kunst in 56 homöopathischen Dosen" - (Langenfeld)
Kultursekretariat NRW

1993 Reisestipendium der Kunstakademie Münster
1994 Studiogalerie - Preis des Landschaftsverbandes Ostwestfalen-Lippe
1997 Graduiertenstipendium Münster