Berliner Maler 1870-1890

Berliner Maler 1870-1890

März-April 1917
Kunsthandlung Mathilde Rabl, Berlin

Vorwort des Katalogs

In dem gewaltigen Kriege, der bereits 30 Monate getobt hat, und dessen zerstörendes Feuer immer wieder seine Flammen emporzüngeln läßt, verteidigt unser Vaterland nicht nur die heimatliche Flur, Haus und Hof, Weib und Kind. Alles Erhabene und Schöne, das einst deutsche Herzen bewegt, deutscher Geist erdacht, deutscher Mund gesungen und deutsche Hand geformt hat, alle unsere Ideale, die wir als unsere ureigenen Heiligtümer verehren dürfen, gilt es gegen haßerfüllte Feinde zu schützen. Vergessen wir indessen nicht, daß wir uns in einer Zeit entnervenden Genußlebens oft selbst an unseren teuersten Gütern versündigt haben. Kein Volk, das sich zum höchsten Ziele durchringen will, darf das Leben des Eigenbrötlers führen; es muß empfänglich auch für das Große sein, das andere Völker schaffen. Aber wie schmerzlich hat es gerade vor dem Ausbruch des Weltkrieges mancher Deutsche empfunden, daß viele seiner Landesgenoffen allmählich verlernt hatten, das Wesen des eigenen Volkes gebührend zu achten. Nicht am wenigsten haben untere Künstler unter dieser Verkennung deutschen Wesens leiden müssen. Jetzt oder niemals kann unser Volk dahin geführt werden, sich auf sich selbst zu besinnen und zu erkennen, was ihm nicht nur wenige, sondern viele seiner Meister an echter Kunst geschenkt haben. Wir müssen uns auch jetzt vor Uebertreibung hüten, dürfen nicht das Einheimische unter Mißachtung fremden Verdienstes kritiklos in den Himmel erheben. Wir wollen nur wieder fähig werden, die deutsche Kunst, die zum Teil einen dornigen Weg hat gehen müssen, gerecht zu würdigen. Wir wollen wieder unbefangen vor die Bilder unterer Künstler treten, uns nicht mehr den Maßstab für untere Kritik von denen an die Hand geben lagen, die vergessen oder nie gefühlt haben, daß zu allen Zeiten die besten deutschen Künstler nicht nur mit dem Pinsel, sondern auch mit dem Herzen gemalt haben.

Unsere Ausstellung zeigt dem Berliner die Kunst seiner engeren Heimat. Sie erstreckt sich auf einen Zeitraum, dem besonders die beiden letzten Jahrzehnte nicht viel Gutes nachgesagt haben. Vielleicht staunt mancher Besucher darüber, welche Werte man bereits zum alten Eisen hat werfen wollen. Einige große oder doch mit Recht bekannte Namen werden vermißt werden. Man wird bemängeln, daß die einzelnen Künstler nicht gleichmäßig genug vertreten find. Wer aber weiß, wie schwer es unter den heutigen Zeitverhältnissen ist, das Material für eine .Ausstellung früherer Kunst zusammen zu tragen, wird gerne Nachsicht üben. Daß wir vorwiegend Studien zeigen, ist kein Spiel des Zufalls. Unsere Meister haben uns ihr Bestes gerade in diesen Studien gegeben, die sie fern dem Atelier im reinen Anschauen des aus dem Sonnenlicht quellenden Farbenreichtums der Natur geschaffen haben.

Allen, die zu unterer Ausstellung beigetragen haben, gebührt aufrichtiger Dank.

W. R.
 

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