Non-Profit | Kunstsalon Wolfsberg

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Ausstellung der Sowjetunion

Ausstellung der Sowjetunion

Kunstsalon Wolfsberg, Zürich 2, Bederstrasse 109

Februar-März 1931
 

Vorwort

Die Malerei in der Sowjetunion

Die Wandlungen der Kunst in der Sowjetunion während der letzten 12 Jahre waren, entsprechend dem stürmischen Tempo der allgemeinen Entwicklung, viel einschneidender als in Westeuropa. Noch vor 10 bis 12 Jahren dominierten dort einzig die ultraradikalen Kunstrichtungen, wie Futurismus, Kubismus, lmaginismus, Konstruktivismus, Expressionismus und zahlreiche andere „Ismen", was durchaus im Einklang mit der ersten negativen, zerstörenden Phase der Revolution war. Alle diese Strömungen, die das Hergebrachte verneinten und die Entsachlichung der Welt predigten, galten damals als echter Ausdruck des revolutionären Geistes. Dies war aber nicht der Fall, schon darum, weil sie den breiten Massen des Volkes absolut unverständlich blieben. Das vollständige Losgelöstsein vom wirklichen Leben, der scharfe Individualismus in Form und Sujet, die abstrakte Fassung um ihrer selbst willen konnten daher die Massen nicht befriedigen. In den letzten fünf Jahren hat die sogenannte heroische Kampfperiode der Revolution der Epoche des Wiederaufbaues gewichen und dementsprechend wurden an die Kunst neue Forderungen gestellt, denn jede Zeit hat ihre eigenen Begriffe über das Wesen und die Ziele der Kunst. Vor allem sollte eine neue Ausdrucksform geschaffen werden, die den neuen sozialen Inhalt des Lebens, besonders voll und stark, zugleich aber auch einfach und verständlich widerspiegeln soll.

 

Es ist dies gewiss keine leichte Aufgabe und sie konnte in der kurzen Zeitspanne seit dem Beginn der Wiederaufbauperiode auch nicht gelöst werden. Der neue Stil in der Kunst ist noch nicht gefunden worden. Es bleibt noch heute ein Problem, über welches jetzt in der sowjetrussischen bildenden Kunst von den einzelnen Richtungen heftige und vielseitige Kämpfe geführt werden, die noch keineswegs abgeschlossen sind. Der Kampf geht erstens um die Form, zweitens um den Inhalt. Die Form muss nach Ansicht der radikalen Künstlerschaft so sein, dass sie Millionen von Menschen verständlich ist, und diese Auffassung dringt immer mehr und mehr durch. Es ist dies eine Bewegung, die übrigens auch in Westeuropa in den letzten Jahren immer stärker die Kunst beherrscht. Man nennt diesen naturalistischen Rückschlag "Die neue Sachlichkeit".

 

Noch heftiger ist der Kampf der Meinungen in Sowjet-Russland über den Inhalt der Kunst. Die besonders radikalen Jungen Künstlergruppen, die in der "Assoziation der revolutionären Künstler" ( A.Ch.R.) vereinigt sind, treten für den schärfsten Kampf gegen den abstrakten Ästhetismus, gegen die gegenstandslose Kunst und gegen die Mystik in der Kunst auf. Aber auch der einfache Realismus als Grundform der Kunst genügt ihnen nicht. Die Kunst darf, ihrer Ansicht nach, sich nicht mit der passiven Schilderung des Lebens, mit dem sogenannten Photo-Naturalismus begnügen. Sie muss vielmehr aktiv in das Leben eingreifen, die wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Umwälzungen erfassen, an der enormen, jetzt geleisteten Wiederaufbau-Arbeit teilnehmen, die Massen führen und ihre ästhetische und politische Erziehung fördern.

 

Neben der radikalen Richtung, für welche die Kunst in erster Linie ein wichtiges Element der Mitwirkung am sozialistischen Aufbau der Sowjetunion ist, gibt es zahlreiche Künstler, bei denen das Formal-Ästhetische und Malerische überwiegt und die Landschaften, Stilleben usw. malen. Viele dieser Maler sind nach den französischen Impressionisten orientiert. Bei der Auswahl der Bilder für die vorliegende Ausstellung wurde dafür Sorge getragen, dass sie einen Einblick in das Schaffen der verschiedenen Malereirichtungen in der Sowjetunion vermitteln kann. Deshalb wurden alle bedeutendsten Künstlervereinigungen herangezogen.

 

Die grösste dieser Vereinigungen ist die "Assoziation der Revolutionskünstler" ( A.Ch.R.), die ihre Ansichten in der Kunstzeitschrift "Kunst in die Massen" vertritt. Sie steht auf dem linken Flügel und ist mit der revolutionären und Aufbauthematik besonders stark verbunden. Ihre Mitglieder haben sich zur Aufgabe gestellt, die Malerei, Graphik und Skulptur dem Verständnisniveau der breiten Masse des Volkes näherzubringen, die den extremistischen Kunstrichtungen gleichgültig bleiben.

 

An zweiter Stelle steht die Vereinigung "Die Werkbank" (russisch Stankowisty), abgekürzt mit 0.S.T. bezeichnet. Ihr Begründer und Führer ist der jetzt 50 jährige bekannte Maler B. Sternberg. Die Mitglieder dieser Vereinigung haben meistens ihre künstlerische Ausbildung an der Moskauer Kunsthochschule schon in den Jahren der Revolution erhalten. Sie zeigen mehr Interesse am rein Formalen und Malerischen und ihre Bilder sind der Ausdruck der intimen geschlossenen Welt des Malers. Die Bezeichnung "Stankowism" wird in Russland für eine Malereiart verwendet, die keinen unmittelbaren utilitarischen Zweck verfolgt und auf der Staffelei hergestellt ist, im Gegensatz zu der Wandmalerei, die eng mit der Architektur verbunden ist. Die 0.S.T.-Gruppe bevorzugt hauptsächlich das Stadtleben, die Technik, die Industrie sowie das Porträt. Ihre Mitglieder neigen auch stark zur Graphik und ihre Bilder sind stets gut gezeichnet. Sie sind auch Meister des Plakats und der Buch-Illustration. Besonders bekannt sind Williams, Pimenow, Kozlow, Tischler, Zernow, Labas und Gontscharow.

 

Die "Gesellschaft der Moskauer Künstler" (0.M.Ch.) hält sich an die Traditionen der französischen Kunstschulen des Anfangs des 20. Jahrhunderts, die auf die russische Kunst einen starken Einfluss ausgeübt haben. Bei dieser Gruppe, die durch Lentoulow, Tschernyschew, Guerassimow, Osmerkin und Chestakow vertreten ist, dominiert das Interesse für Probleme der Farbe. Das letztere gilt auch für die Arbeiten von Chewtchenko, der abseits von allen Gruppierungen steht und als stärkster russischer „Cézannist" bekannt ist.

 

Die Gesellschaft "Die vier Künste" vereinigt eine Reihe alter Malerorganisationen, die die Traditionen und Ästhetik der vorkriegszeitlichen Vereinigung "Mir lskusstwa" (Kunstwelt) zu bewahren suchen. Sie pflegen eine gewisse Pathetik, eine Idealisierung des Lebens, einen monumentalen Realismus, der sich dem Dekorativen stark nähert und lehnen sich in vielem an die französischen Monumentalisten an. Besonders stark ist ihr Einfluss auf die Arbeiten des Armeniers Sarjan, der seine Themen vielfach aus dem orientalischen Leben wählt Auch die beiden bedeutendsten Graphiker der älteren Generation: Wladimir Faworski und Alexei Krawtchenko, die nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch im Ausland gut bekannt sind, gehören dieser Gruppe an.

 

Die junge künstlerische Vereinigung "Der Oktober" ist durch interessante, in klarem Stil ausgeführte Arbeiten von A. Déineka vertreten, der zu den begabtesten jungen Künstlern der Sowjetunion gezählt wird. Auch die Mitglieder der Gesellschaft russischer Bildhauer ("DRS") haben einige kleinere Plastiken in Bronze, Holz und Steingut ausgestellt. Aus technischen Gründen musste man von dem Transport grösserer Werke absehen.

 

Die Graphik ist bekanntlich im letzten Jahrzehnt in der Sowjetunion zu einer besonders starken Entfaltung gelangt. Auf zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, England und den nordischen Ländern hat die Sowjetgraphik lebhaftes Interesse hervorgerufen und auch auf der vorliegenden Ausstellung kann man interessanten Arbeiten der ersten Meister der Graphik begegnen. Da die Graphik bei der Vervielfältigung den Charakter des Originals nicht verliert, hat sie in der Sowjetunion besonders als Holzschnitt für die Buch- und Zeitschriften-Illustration eine ausserordentliche Verbreitung gefunden.

 

In letzter Zeit haben sich die Künstler auch sehr stark der Aquarell-Malerei zugewandt und die ausgestellten Arbeiten mit ihren reinen und lebhaften Farben, der lebendigen und sichern Linienführung und dem richtigen Gefühl für Raum und Licht zeigen, was auch auf diesem Gebiete erreicht worden ist. Die Aquarelle stammen aus neuester Zeit, sodass sie mehr als die Ölmalerei Wiederaufbaumotive aus dem Bergbau, der Wasserkraft-Ausnützung, der Industrialisierung des Dorfes usw. aufweisen. Sie ermöglichen somit auch einen gewissen Einblick in das neu erwachende Leben, sowie in den mühsamen landwirtschaftlichen und industriellen Aufbau, der auch die talentvolle Plakatmalerin E. Kulagina zum Plakat der vorliegenden Ausstellung angeregt hat.
P. G.

 

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