Zweite Ausstellung deutscher nach-impressionistischer Kunst aus Berliner Privatbesitz

Zweite Ausstellung Deutscher nach-impressionistischer Kunst
aus Berliner Privatbesitz

National-Galerie im Kronprinzenpalais, Berlin
Juli 1928

Vorwort

Die hier verzeichneten Kunstwerke bilden den anderen Teil der Ausstellung nach-impressionistischer Kunst aus Berliner Privatbesitz, deren erster Teil die Meister der Brücke, des blauen Reiters, des Bauhauses, Rohlfs und Kokoschka, Lehmbruck und Barlach zeigte.
Es soll hier nicht wiederholt werden, was in dem Vorwort zum Verzeichnis jener ersten Reihe gesagt wurde, insbesondere über die geistige Bedeutung, welche das Kaufen bei lebenden Künstlern für die Erwerbenden hat.
Die lebenden Künstler leiden außer vielem anderen auch darunter, daß sie sich oft mit zufällig eben gerade verfügbaren Werken in Ausstellungen zeigen, auf denen eines immer das andere zu schädigen in Gefahr ist. Solche Ausstellungen wirken auf die Kunstfreunde nicht anfeuernd, sondern ermüdend, oft verstimmend.
Die National-Galerie ist bemüht, trotz mancher Hemmungen, Undankbarkeiten und Schwierigkeiten, von der Kunst unserer Zeit eine durch Auswahl und Anordnung möglichst gewinnende Vorstellung zu geben. Diese Bemühung gilt auch bei der gegenwärtigen Übersicht über den Berliner Privatbesitz an neuerer deutscher Kunst.
Die Auswahl ist zunächst durch die kaufenden Sammler geschehen. Sie ist keineswegs gleichartig: von Beckmann etwa waren nur die fünf ausgestellten Bilder zu finden, und sie sind übrigens erst in jüngster Zeit von Berliner Kunstfreunden erworben worden. Auch von Dix und Grosz sind nur sehr wenige Ölgemälde in Berlin vorhanden. Werke der anderen Künstler dagegen enthält der Berliner Privatbesitz in sehr großer Zahl. Aus dem überraschend reichen Bestande haben Dr. Thormaehlen und Dr. Hentzen in mühevoller und langwieriger Arbeit ausgewählt, was ihnen am besten schien, und aus dem so Gewonnenen ist wiederum nur ein Bruchteil ausgestellt.
Dieser stark durchgesiebte Rest ist dann derart geordnet, daß jedes einzelne Werk möglichst günstig wirkt, daß Benachbartes sich nicht schädigt oder lächerlich macht, sondern hebt, und daß im ganzen eine klare und sinngemäße Gruppierung entsteht.
Bei der ersten Abteilung scheint die Auswahl und Anordnung gelungen zu sein: nicht nur aus Berlin und Deutschland, sondern auch aus dem Ausland, und fernstem Ausland, ist geäußert worden, daß man eine so überzeugende Darstellung der neueren deutschen Kunst noch nicht gesehen habe, daß diese der französischen mindestens gleichwertig, wenn nicht überlegen sei (höchstes Lob nicht nur in Deutschland), und daß man eine andere Einschätzung der deutschen Kunst haben würde, wenn man sie immer so gezeigt bekäme.
Möchte auch diese zweite Reihe einen gleichen Erfolg haben, die Geltung der deutschen Kunst mehren und die Überzeugung der Sammler festigen.
Den Darleihern der Kunstwerke danke ich herzlich. Manche von ihnen haben erhebliche innere Widerstände gegen die Hergabe überwunden. Das ist ihnen gelungen, weil sie der Kunst und den Künstlern helfen wollen, die ihnen eine edle Bereicherung ihres Lebens gespendet haben und täglich spenden.
Die Besucher der Ausstellung, denen eine so ausgesuchte Übersicht gegenwärtiger deutscher Kunst durch das Entgegenkommen der Besitzer geboten ist, werden diesen am besten danken, indem sie ihrem Beispiel folgen.

Ludwig Justi

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